Brief von Eva A
Brief von Eva.
Welche Frau steckt hinter Eva?
-Eine Vorstellung-
Ich hatte einen Garten in Jerusalem.
Ein prächtiger Hain war das. Von einem Steinwall mit Hecken umgeben. Der Duft der Zitronen- und Orangenbäume umfing dich, kaum dass du das Tor betreten hattest. Betörend.
Granatapfel und Olive, allerlei Bäume und Sträucher mit Früchten und Blüten erfreuten Nase, Augen und Zunge und linderten so manchen Schmerz.
Ein vielbesuchter Garten war mein Hain. Die Menschen kamen zu mir. Sie suchten in den Höhen und Tiefen ihres Lebens nach Antworten auf ihre Fragen: Warum ist das Leben wie es ist?
In meinem Garten konnte das Leben, das Werden und Vergehen und das wieder Werden erlebt werden. – die Fülle des Lebens eben. Er bot Schutz und Raum zum Aufatmen. Es gab Nahrung für Leib und Seele.
In der Mitte des Gartens, im Zentrum, um das sich alles andere ordnete, stand ein besonderer Baum. Der Baum der Erkenntnis. Die Suchenden und Fragenden, die Erschöpften und Kranken aßen von diesem Baum. Die Menschen kamen gern, sie tankten auf, fühlten sich geborgen, schöpften Hoffnung, erhielten Antworten.
Mein Garten war den Menschen heilig und ich war für sie die Mutter allen Lebens.
Die Schlange meine Begleiterin, noch heute das Symbol für die Ärztinnen und Ärzte, zeugt von der Erneuerung des Lebens: Häutung ist möglich und wieder anfangen und anders weitermachen, das kann gehen. Diese Hoffnung feierten die Menschen in meinem Hain. Dazu die Fruchtbarkeit und die Fülle des Lebens.
Es blieb nichts.
Turbulente Zeiten brachten andere Machthaber und andere Religionen. Mein Garten, mein Kult galt ihnen als Konkurrenz. Männliche Gottesbilder drängten nach vorne. Das Verhältnis von Frauen und Männern veränderte sich. Ich wurde aus meinem Garten vertrieben. Ich galt als gefährlich, als Verführerin. Vor mir wurde gewarnt: „Wenn ihr diesem Kult folgt, werdet ihr sterben“, so hieß es nun.
Die Erinnerung an meinen Garten blieb dennoch erhalten. Von meinem Garten wurde erzählt, auch von den Vertretern einer neuen Religion. Er wurde zum Ort der Sehnsucht, aus dem die Menschen vertrieben sind.
Auch von mir wurde weiter erzählt. Anders, bis hin zur Verdrehung. Ich sollte aus der Rippe eines Mannes entstanden sein. Es ist aber doch einfach so und so war es immer, die Frauen gebären die Kinder. Von ihnen kommt das Leben. Letztlich von der Erde selbst.
Doch meine Spur ist noch zu entdecken in den weitererzählten Geschichten und auch meine Botschaft: Erkennt, das Leben ist ein Geschenk. Leben ist Veränderung und Entwicklung und es ist endlich. So zerbrechlich das Leben auch ist. Wir sind gehalten. Im Garten könnt ihr es erleben und spüren. In vielen Gärten- auch inneren Gärten, da bin ich euch nahe.
Bis bald!
Es grüßt euch Eva
Johanna Wittmann
(Inspiriert von 1. Mose 2 und 3)