Heimat, was ist das?
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Heimat, was ist das?
Lange Jahre wurde sich nicht darum gekümmert. Die, die immer noch damit beschäftigt waren, galten als noch nicht in der neuen Zeit angekommen, als Ewig-Gestrige,
Nun ist sie aber wieder aufgetaucht, die Frage nach der Heimat. In einer immer weiter und zugleich enger gewordenen Welt. Inmitten von Mobilität und geforderter Flexibilität, stellt sich die Frage nach der Verwurzelung, nach der Erdung, eben nach der Beheimatung, von der aus in die Welt gezogen und Fremdem begegnet werden kann. So wird die Frage nach der Heimat, auch zu einer Frage nach der Identität.
Was ist Heimat?
Ein Ort, eine Landschaft, eine bestimmte Architektur, ein Geruch, ein Geschmack?
Ein Garten in Polen inmitten von Obstbäumen und Wiesen und der Ausruf: „Das ist wie damals bei uns im Dorf in meiner Kindheit!“ Zurückversetzt in eine andere Zeit! Nostalgie mag man sagen. Und doch ist es mehr: Es hat mit vertraut sein zu tun.
Der Begriff Heimat verbindet sich vielleicht auch deshalb oft mit den Räumen der Kindheit, weil wir alle in diesen ersten Jahren so die Welt kennen gelernt haben. Das war die erste Welt, da lernten wir das Leben unter den Bedingungen, in die wir hineingeboren wurden. Und wenn diese Welt als gut erlebt wurde, als geborgen, dann verbindet ein Geruch, ein Geschmack sofort wieder mit dieser Zeit, mit dem Gefühl von Heimat: Da komme ich her, das kenne ich. Diese Erfahrungen, diese Landschaft, die Gerüche und Geschmäcker haben mich geprägt.
Was macht eine Beheimatung, ein Zuhause aus?
Der Wunsch nach Beheimatung, kann zurück in die Orte der Kindheit führen, oder auch in der Gestaltung von Beziehungen zu Wohnort und Freunden liegen. Sie schaffen ein Zuhause, von dem aus die Anforderungen der Zeit bewältigt werden können.
Arno Geiger geht der Frage nach dem Zuhause in seinem Buch „Der alte König in seinem Exil“ nach. Der an Demenz erkrankte Vater sucht danach. Sein Haus, das er selbst gebaut hat, erkennt er nicht mehr als sein Zuhause.
Arno Geiger kommt zu dem Schluss, ein Zuhause macht aus, dass ich verstanden werde, dass andere mein Erleben, meine Welt teilen.
Die biblischen Geschichten erzählen von Menschen, die immer wieder ihr Zuhause, ihre Heimat aufgeben mussten. Eine der verstörensten Erfahrungen in der Geschichte des Volkes Israel in der hebräischen Bibel war wohl die des babylonischen Exils. Die Entwurzelung des Volkes Israel war so radikal, es blieb nur die Anrufung des Namens Gottes, der zum Raum wurde, der Heimat und ein Zuhause schuf.
Das Angebot auch des christlichen Glaubens ist es, in Gott, in der Gemeinschaft der Glaubenden, in den Festen und Ritualen einen Raum der Beheimatung zu eröffnen, in dem wir Annahme und Verstanden werden erfahren, eine Beheimatung im Leben und darüber hinaus.
Johanna Wittmann