Jesus Christus, König und Weltenherrscher? Eine Frage des Glaubens.
Jesus Christus, König und Weltenherrscher? Eine Frage des Glaubens.
Alle Jahre wieder feiern wir die Geburt Jesu im Stall. Wir feiern die unglaubliche Botschaft, Gott wird Mensch und wohnt unter uns. Am Rande der Gesellschaft offenbart sich Gott in dem Kind in der Krippe. Gott kommt in die Welt ohne alle Herrschaftsinsignien, ganz anders als erwartet. Was kann das für ein Gott sein, der auf demonstrative Macht und Herrschaft verzichtet, nicht im Palast und mit Herrscharen, sondern angewiesen, schwach und klein unter Tieren und Hirten Obdach sucht?
Der erwachsene Jesus von Nazareth zieht mit einer Gruppe von Anhängerinnen und Anhängern durchs Land. Er verkündigt in seinem Tun den nahen und erbarmenden Gott, das anbrechende Reich Gottes mit Gerechtigkeit für alle. Frauen, Kinder, Kranke finden seine Zuwendung und schöpfen Hoffnung.
Sein Einfluss wird größer und auch die Erwartungen an ihn. So einen König müsste es wieder geben. Nicht den Kaiser in Rom, einen jüdischen König, der für sein Volk sorgt. Sein Einzug in Jerusalem entwickelt sich zu einem königlichen Empfang. Es folgt jedoch nicht die Inthronisation und der Einzug in den Palast. Dies scheint auch nicht das Ziel dieses Jesus von Nazareth gewesen zu sein. Er plant nicht den Aufstand gegen die politischen Machthaber, schließt sich nicht denen an, die den Umsturz planen, die mit Waffengewalt Veränderungen wollen. Gottes Schalom, die Versöhnung der Schöpfung kann nicht mit Gewalt errichtet werden. Gefährlich ist er für die Mächtigen dennoch oder gerade wegen seiner revolutionären Botschaft, die die Benachteiligten ins Recht setzt.
Dann das Ende am Kreuz. Ist damit die Niederlage des Gottes, den Jesus verkündigt erwiesen?
Die Botschaft von der Auferstehung bestätigt Jesus. In ihm, in dem auf Gewalt und Macht Verzichtenden offenbart sich Gott. Gott erkennbar im Kind in der Krippe und in dem Mann am Kreuz. Es ist kaum zu glauben. Die Evangelisten verweisen auf Schriftstellen aus dem 1.Testament, um diese Botschaft zu untermauern.
Wie wurde dann aber aus dem Kind in der Krippe und dem Mann am Kreuz der König und Weltenherrscher?
Schon im Evangelium nach Markus finden wir das Motiv des Königs für Jesus. Der Einzug in Jerusalem, dann die Salbung Jesu in Bethanien. Die Könige in Israel wurden von durch Gott Beauftragte, Propheten meist, gesalbt. Jesus wird von einer Frau gesalbt. Seine Jünger und die Gastgeber sind dabei und verstehen die Handlung nicht. Eine Frau mit zwielichtigem Ruf setzt ein Zeichen des Glaubens und bekennt darin: Du bist für mich der von Gott Gesandte, durch dich wirkt Gott.
Das Motiv, Jesus als König, bekommt Gewicht am Anfang des Christentums in der Auseinandersetzung mit dem römischen Kaiserkult. Nicht der Kaiser, der sich als göttlicher Stellvertreter versteht, soll angebetet werden. Jesus, der auferstandene Christus ist der Gesalbte und Stellvertreter, Sohn Gottes, so das Bekenntnis der Christen.
Christus der Weltenherrscher, der Pantokrator, spielt in der Ikonographie der griechisch-orthodoxen und der russisch orthodoxen Kirche eine große Rolle.
Im Chorraum der Abteikirche von Maria Laach blickt aus der Kuppel ein in Mosaik gefasster Christus als Pantokrator in den Kirchenraum. Seine dunklen großen Augen ziehen den Blick an. Diesen Augen scheint nichts zu entgehen.
Die Geschichte von der Himmelfahrt Jesu nährt das Bild vom Herrscher, der zur Rechten von Gottes Thron sitzt. Die Offenbarung des Johannes verstärkt die Vorstellung noch. Jesus, aufgenommen in den Himmel, entschwindet und wirkt an der Seite Gottes bis er wiederkommt, so sprechen wir es mit dem apostolischen Glaubensbekenntnis.
Das Motiv „Jesus als König“ ist durchaus ein zweideutiges:
Die Glaubenden haben mit diesem Bekenntnis ein herrschaftskritisches Instrument. Weltliche Herrschaften werden nicht mit Gottes Reich gleichgesetzt, sondern sind kritisch zu beobachten.
Andererseits gerät durch den Königstitel die Offenbarung Gottes in Schwachheit in den Hintergrund. War der „schwache“ Gott auf die Dauer nicht zu halten, der sich im Kind in der Krippe und am Kreuz offenbarte? Musste ein starkes Bild her, um die Bedeutung Jesu vermitteln zu können, um das Evangelium salonfähig zu machen, spätestens als Konstantin das Christentum zur Staatsreligion erklärte?
Auch wir singen: Jesus Christus herrscht als König alles ist ihm untertänig.
Eins jedoch ist gewiss, nur dem Glaubenden ist das Bild vom Jesus als herrschenden König einsichtig. Es ist so wenig davon zu spüren, dass sich die Welt im Sinne Jesu verhält.
Die Glaubende sieht das Wirken Gottes und der Glaubende verlässt sich auf die gute Botschaft: „Meine Kraft ist in Schwachheit mächtig.“
Johanna Wittmann