Jesus – Was war das für ein Mann?
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Jesus – Was war das für ein Mann?
Hat man die die Bilder von Kees de Kort vor Augen, so erscheint Jesus immer gleich bleibend freundlich, lächelnd, seinen Mitmenschen zugewandt. Diesen Jesus kennen zu lernen, ist für die Jüngsten im Kindergarten auch angemessen. Er schafft Vertrauen und gibt Halt.
Es gibt aber auch einen anderen Jesus. Geschichten aus dem 2. Testament, der christlichen Bibel, erzählen von ihm ganz vielfältig:
Jesus, einer der sich von seiner Mutter abgrenzt mit den Worten, Weib, was habe ich mit dir zu schaffen. Oder auch der Wütende, der die Peitsche schwingt und die Händler aus dem Tempel treibt. Im Garten Gethsemane begegnen wir dem Verzweifelten und Trauernden.
In der Geschichte von der Salbung zeigt sich der Berührbare:
Ein Gast ist geladen und betritt den Raum, einer der Aufsehen erregt.
Was ihn angeht, so spalten sich die Meinungen .Er lässt sich nicht so leicht einordnen. Schillernd und widersprüchlich ist er. Friedfertiger Gottesverkündiger und doch irgendwie auch fanatisch. Bei Tisch, beim Essen, da lässt sich gut weiter politisieren, theologisieren, das Für und Wider abwägen.
Doch soweit kommt es nicht, erst mal nicht. Und später geht es in eine ganz andere Richtung.
Der Gastgeber traut seinen Augen nicht. Was sich da vor seinen Augen abspielt, ist einfach unfassbar. Mehr noch, es ist eines Mannes, der etwas auf sich hält, unwürdig. Eine ganz und gar verwerfliche Szene zwischen einem Mann und einer Frau, zumal vor den Augen dritter.
Eine intime Begegnung, die den Nichtbeteiligten peinlich ist und doch in den Bann zieht, der Blick kann nicht abgewendet werden. Das, was da passiert berührt zwiespältig.
Eine weinende Frau, die sich zu den Füßen des Gastes niederlässt. Diese ungeniert und wie selbstverständlich in die Hände nimmt und ihre Tränen auf sie fallen lässt. Es ist nicht auszumachen, sind es Tränen des Schmerzes oder sind es Freudentränen, die die Frau weint.
Der Gast lässt sich darauf ein, die Welt um ihn herum existiert nicht mehr. Nur er und diese Frau, die jetzt mit ihrem Haar seine Füße trocknet. Er lässt es geschehen, und nicht nur das, er lässt sich auf ihre Berührungen ein. Er lässt sich ein auf die Begegnung mit dieser Frau, die ihn küsst, die Füße küsst und liebkost. Und dann seine Füße mit Öl salbt.
Da erkennen sich zwei mit Haut und Haaren.
Wer auch immer Jesus war. Welcher Mensch, welcher Mann, wir werden dies nicht klären können. In dieser Geschichte wird allerdings ein Jesus vorgestellt, der oft geleugnet wurde. Der nicht sein durfte, da Erotik und Sexualität lange nicht positiv gesehen wurden in der Geschichte des Christentums.
Jesus, ein Mensch, ein Mann mit Gefühlen, mit Erotik, mit Lust.
Johanna Wittmann