Taufwasser
Was passiert denn mit dem Taufwasser nach der Taufe?
Wir sprechen in einer kleinen Gruppe über die Taufe. Plötzlich steht die Frage im Raum: Was geschieht mit dem Taufwasser? Wird es nach der Taufe einfach weggeschüttet? In den Ausguss? Befremden macht sich breit. Das erscheint uns allen nicht angemessen, nicht wertschätzend. Mit diesem Wasser ist ein heiliger Akt vollzogen worden, ein Sakrament. Das ist doch nicht einfach nur mehr Leitungswasser!
Schon sind wir bei der nächsten Frage. Was ist ein Sakrament? Da gibt es doch Unterschiede zwischen einem evangelischen und einem katholischen Verständnis. Es fängt schon bei der Anzahl an.
Wir forschen nach und finden: Sacramentum im Lateinischen bedeutet Heilszeichen, Heilsmittel, Heilsweg und es klingt aus dem Griechischen das Wort Geheimnis mit. Als Sakrament wird ein Ritus in der christlichen Theologie verstanden, der in einer Handlung die Wirklichkeit Gottes vergegenwärtigt und an ihr teilhaben lässt.
So der kleinste gemeinsame Nenner. Wie nun diese Handlung zu verstehen ist, da unterscheiden sich die Kirchen und Denominationen.
Nach evangelischem Verständnis gibt es zwei Sakramente, die Taufe und das Abendmahl. Zwei deshalb, weil es zu Taufe und Abendmahl biblische Belege gibt. Die Einsetzung beider Sakramente wird auf Jesus zurückgeführt. Die katholische Kirche kennt sieben Sakramente.
Ob nun das Abendmahl etwa eine symbolische Handlung darstellt und wir in Brot und Wein, Leib und Blut Christi zu uns nehmen, so die Lutheraner, oder es eine zeichenhafte Handlung ist, so die reformierte Haltung, darin unterscheiden sich die protestantischen Kirchen.
Im reformierten Heidelberger Katechismus heißt es zu den Sakramenten: „Es sind sichtbare heilige Wahrzeichen und Siegel, von Gott dazu eingesetzt, um uns durch ihren Gebrauch die Verheißung des Evangeliums noch besser verständlich zu machen und zu versiegeln“. Sie sind Zeichen, die eine geistliche Wirklichkeit anschaulich machen, sie jedoch nicht bewirken.
Nach Luther sind die Sakramente „Zeichen und Zeugnis“ des göttlichen Willens, durch die der Glaube geweckt und auch gestärkt wird. Doch ohne Glauben geht es nicht. Nur der Glaube kann das Heil, das im Sakrament dargeboten wird, ergreifen.
In der katholischen Kirche sind Sakramente als heilige Handlungen eng mit den Amtsträgern, die die Sakramente spenden verbunden. In dem Amtsträger handelt Gott und spricht dem Einzelnen Erlösung und Heil zu.
Trotz allen Unterschieden im Verständnis werden in der Feier der Sakramente im Gottesdienst alltägliche Lebensvollzüge, wie sich waschen und essen und trinken, mit existentiellen Erfahrungen der Gegenwart Gottes in Verbindung gebracht. Körperlich soll das Heil, die Erfahrung des guten Lebens in aller Zerbrechlichkeit zugänglich sein. Die gute Botschaft, das Evangelium wird spürbar im Leben.
Wie ist das nun mit der Taufe und dem Taufwasser?
Dreimal wird dem Täufling das Wasser im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes über den Kopf gegossen. Es gibt auch die Tradition, den Täufling ganz unterzutauchen.
Das Wasser hat zentrale Bedeutung dabei. Es symbolisiert Fruchtbarkeit und Wachstum. Es gilt als Ursprung allen Lebens. Wasser reinigt und kann auch zerstören. Indem mit Wasser getauft wird, wird das Leben sozusagen begossen, Wachstum gewünscht und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass Leben immer wieder Erneuerung braucht. Altes muss abgewaschen werden, um neu oder anders weiterzuleben.
Umstritten war und ist, ob auch Kinder getauft werden sollen oder doch nur Erwachsene.
Anselm Grün, ein bekannter Benediktiner, formuliert ein Verständnis der Kindertaufe, dem auch evangelische Christinnen und Christen folgen können: „Indem wir das Wasser über das Kind schütten, können wir uns vorstellen, dass es nicht einfach Ergebnis des Stammbaums ist, sondern dass es ganz neu anfangen kann. Es ist eine geistige Geburt, die wir in der Taufe feiern. Das Kind ist nicht festgelegt durch die Vergangenheit, sondern offen für das Neue, das Gott in diesem Kind wirken möchte. Aber auch wir Erwachsene üben uns in der Taufe ein in einen neuen Umgang mit dem Kind. Wir wollen es nicht festlegen auf eine Existenz, die sich über Anerkennung und Erfolg definiert. Wir wollen in ihm das Geheimnis lassen.“ (Anselm Grün, Das Sakrament der Taufe, Vier Türme Verlag, Münsterschwarzach. Siehe auch: www.katholisch.de; http://www.ekd.de/einsteiger/taufe.html)
Weitere Fragen tun sich auf: Warum wird nur einmal getauft? Erneuerung, Reinigung und neue Kraft bekommen, können wir doch öfter gebrauchen? Die Kirchen haben sich darauf festgelegt, dass die Taufe einmalig ist. Auch wenn die Konfession gewechselt wird, bleibt die Taufe gültig. Dennoch sprach Luther von einer täglichen Erneuerung der Taufe. In Tauferinnerungsgottesdiensten wird dies aufgegriffen. Die Tradition des Weihwassers in der katholischen Kirche kann sicherlich auch in diesem Zusammenhang gesehen werden. Das Bedürfnis der Menschen nach Erfrischung und Reinigung, nach untertauchen und wieder auftauchen, nach Tauferfahrungen wird in der Badekultur, die sich im letzten Jahrhundert entwickelt hat, augenfällig. Einmal taufen, aber immer wieder baden und die Symbolkraft des Wassers spüren.
Neben dem Taufwasser gehören Taufschale oder Taufbecken, Taufspruch, Taufkleid und Taufkerze zu den Elementen einer Tauffeier.
Die Taufkerze wird oft an der Osterkerze entzündet. Das kann so gedeutet werden: Mit jedem Kind geht ein Licht auf in dieser Welt. Gott wendet sich dem Kind und uns in diesem Kind zu, wie wir es auch an Weihnachten feiern. Indem Jesus als Licht der Welt empfangen wird und an Ostern durch seine Auferstehung der Welt Licht und Leben schenkt, wird dem Kind dieses Licht, Hoffnung und Wärme, mit auf den Weg gegeben.
Das weiße Taufkleid steht symbolisch für Erneuerung und Reinheit und das ewige Leben.
Taufschale und Taufbecken stehen für den Grund und Ursprung des Lebens. Schale und Becken symbolisieren in ihrer Form Halt und Lebensraum.
Das biblische Wort ist in den evangelischen Kirchen grundlegend. Als individueller Zuspruch im Taufspruch soll es Brot des Lebens sein. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch dem Mund Gottes geht.“ (Matthäus 4.4)
Zurück zur Ausgangsfrage: Was geschieht nun mit dem Taufwasser nach der Taufe?
„Ich gieße damit das Grab von Sophie. Sie war für viele in der Gemeinde eine wichtige Bezugsperson“, berichtet Anna. Sie arbeitet ehrenamtlich ab und zu als Küsterin. Das Taufwasser der Natur spenden, Blumen und Bäumen. Oder es in einen Bach oder Fluss gießen, das erscheint uns angemessen und würdig. Damit können wir leben.
Johanna Wittmann