Wo war Joseph?
Wo war Joseph?
Er ist der Mann im Hintergrund. An der Krippe darf er nicht fehlen. Später wird er kaum mehr erwähnt. Mutter und Sohn haben die tragenden Rollen inne. Von ihnen, von Maria und Jesus wird erzählt. Sie stehen im Mittelpunkt der weiteren Entwicklungen. Joseph lassen die Evangelisten immer nur als Nebendarsteller auftreten, wenn sie von Jesu Geburt und Kindheit erzählen.
Hat er sich zurückgezogen, aus allem rausgehalten, sich davon gemacht?
Gehört Joseph zu der erst später entdeckten Gattung der sogenannten „abwesenden Vätern“?
Beim näheren Betrachten entsteht ein anderes Bild von Joseph. Unaufgeregt und selbstverständlich übt er seine Rolle als Vater seines Sohnes oder auch Ziehsohnes aus. Obwohl es durchaus prekäre und gefährliche Situationen zu bewältigen gibt.
Er macht nicht groß von sich reden, hält wohl auch keine Reden, ist aber da, wenn man ihn braucht.
Joseph, – der Legende nach und laut apokrypher Schriften, schon ein alter Mann und mit Söhnen und Töchtern aus einer ersten Ehe -, bleibt bei Maria, seiner Verlobten, die schwanger ist, wenn wohl auch nicht von ihm.
Er hätte unter diesen Umständen vor Gericht gehen können. Er erwägt, so wird erzählt, Maria einen „Scheidebrief“ im privaten Rahmen zu geben.
Ein Engel, eine Einsicht oder einfach die Liebe zu der jungen Frau halten ihn von der Trennung ab. Er nimmt Maria und Jesus in seine Familie auf. Er bringt Jesus vor dem Kinder mordenden Herodes in Sicherheit. Sucht mit Maria zusammen den drei Tage verschwundenen Zwölfjährigen, den sie dann im Tempel wieder finden, und der ihm zu verstehen gibt, er sei nicht wirklich sein Vater. Trotzdem gehen sie dann alle wieder nach Hause und das Familienleben geht weiter.
So erweist sich Joseph als ein bescheidener, großherziger und tatkräftiger Mann. Er ist keiner, der sich verdrückt, und schon gar kein abwesender Vater. Vielleicht eher ein später Vater, der mit Gelassenheit und Unaufgeregtheit anwesend ist, verlässlich für seine Familie da ist und das Notwendige mit großer Fürsorglichkeit tut.
Wo war Joseph? Er war da!
Von diesen Männern und Vätern kann es nicht genug geben.
Johanna Wittmann