Engel unter uns mit Düften und Klängen
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Engel unter uns mit Düften und Klängen |
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Nun ist es ruhig im Stall. Der Ochse brummt und der Esel schnaubt leise vor sich hin. Wohlige Wärme und der erdige Geruch der Tiere erfüllen den Raum. Eine Fackel an der Wand verbreitet mildes Licht. Das Kind schläft. Maria auch. Gerade hat noch einmal die Frau des Wirtes reingeschaut. Sie hat bei der Geburt geholfen. Wie gut, dass sie da war, denkt Joseph. Ein Engel, ohne sie wäre es schwierig geworden. Sie hat tatkräftig alles in die Hand genommen. Dankbar schaut er auf das gesunde Kind und auf Maria, die die Geburt gut überstanden hat. Was war das für ein Tag! Der Weg, der einfach nicht aufhören wollte, immer länger wurde. Maria, die sich kaum mehr bewegen konnte und dann kein Bett für die Nacht. Kein Raum zum Ausruhen. Es dunkelte schon. Verzweifelt waren sie und dann froh, als es wenigstens diesen Stall für sie gab. Wie anstrengend, wie gefährdet doch das Leben immer wieder ist. Wir sind hier ohne Zuhause, sinniert Joseph. Was wohl werden wird? – Erschöpft schläft auch er ein. Heimkommen zu dir Daheim sein bei mir Heimat finden im FremdenDraußen bei den Schafen ist auch Ruhe eingekehrt. Samuel, ein junger Hirte hält die Wache. In seinen dicken Mantel gehüllt, hockt er am glühenden Feuer. Er hört die Tiere atmen und die Geräusche der Nacht umgeben ihn. Samuel schaut hinauf zu den Sternen. Wie viele es doch waren. Je länger er in den Nachthimmel blickt, umso mehr Sterne kann er sehen. Unendlich breitet sich der Himmel aus. Samuel fühlt sich plötzlich ganz klein und verloren in der Kälte des Landes und der Weite des Himmels. Was bedeutet er schon? Und wird er sein Leben meistern können? Wird er einen Platz für sich finden? Eigene Schafe haben? Wird er eine Familie haben, Menschen, zu denen er gehört, Kinder? Wohin wird das Leben ihn treiben, in all den Unruhen und Krisen, die es im Lande gibt? Tiefer vergräbt er sich in seinem Mantel. Wenn doch jemand bei ihm wäre. Das Feuer knistert. Er hängt seinen düsteren Gedanken nach und stiert ins Flammen. Er holt seine Flöte aus der Tasche und spielt ein paar einsame Töne vor sich hin. Da spürt Samuel einen Arm um sich. Micha, der alte Schäfer setzt sich zu ihm. Seine Nähe und menschliche Wärme tun Samuel gut. Eine Zeitlang sitzen sie schweigend und schauen zusammen in die züngelnden Flammen. Da löst sich Samuels Zunge und all das, was ihm Sorgen macht, sprudelt aus ihm heraus. Micha hört ihm lange zu, unterbricht ihn nicht und hält ihn warm. Als Samuel sich alles von der Seele geredet hat, sagt Micha: „Schau, Samuel, sieh wie hell die Sterne heute Nacht leuchten. Sie leuchten heute besonders für Dich. Die Sterne haben ihren Platz, sie sind von Gott geschaffen. Gott hat alles geschaffen, das glaube ich, und auch dich. Fürchte dich nicht, du gehörst dazu. Hab keine Furcht. Spiel etwas auf deiner Flöte, das kannst du so wunderbar.“ Samuel ist es ganz warm ums Herz geworden. Die Sterne leuchten auf einmal so hell. Es scheint ihm, sie tanzen zu himmlischer Musik. Bevor er seine Flöte an die Lippen setzt, sagt er zu Micha: „Du bist ein Engel. Danke.“ Samuel stimmt mit der Flöte in die himmlische Melodie ein. Sie klingt durch die Nacht.Berührt sind Erde und Himmel Drei Männer sind unterwegs. Von weit her kommen sie. Sie studieren den Lauf der Sterne, erforschen die Geheimnisse des Lebens. Immer noch mehr wollen sie wissen, vom Leben verstehen. Sie sind angetrieben von einer Sehnsucht, den richtigen Weg für das Leben zu finden. Sie wollen noch einmal etwas ganz anderes erfahren. Das kann noch nicht alles gewesen sein! Es gibt zu Vieles, was in der Welt, unter den Menschen nicht stimmt. Und sie machen sich auf den Weg. Ein besonderer Stern am Himmel ist ihnen aufgefallen. Sie folgen seiner Himmelspur auf der Erde. Der Stern und ihre Sehnsucht treiben sie von zu Hause fort in die fremde Welt. Sie wollen herausfinden, wie die Welt geordnet und gestaltet werden kann. Sie verlassen ihre Familien, ihre vertraute Umgebung. Suchen den Schlüssel zum guten Leben. Micha hat die Wache bei den Schafen übernommen. Samuel geht durch die leuchtende Nacht. Da kommt er an dem Stall vorbei. Er hört Stimmen und ein kleines Kind weint leise. Samuel klopft an. Er wird hereingelassen. „Kann ich helfen?“ fragt er. Maria und Joseph schütteln den Kopf. „Er ist gerade aufgewacht und er ist gerade erst geboren.“ Da nimmt Samuel seine Flöte und spielt die Melodie, die ihm der Himmel geschenkt hat. Die kleinen Augen richten sich auf ihn, das Kind hört auf zu weinen, alle lauschen der Musik. Sie sagt: Fürchtet Euch nicht. Gott meint es gut mit uns. Gott ist unter uns und mit uns. In diesem Kind, in diesem Stall. Fürchtet euch nicht. Tiere, Hirten, Engel Die drei Männer aus der Ferne, angezogen von der wunderbaren Melodie, kommen beim Stall an. Drei aus der Ferne, Grenzgänger, sehnsüchtige Sternengucker Lassen wir uns berühren und trauen wir dem Engel: Johanna Wittmann |